Das in der Pfarre St. Magdalena verhängte Altarbild zeigt Jesus, Maria und Magdalena, als feingliedrige mitteleuropäische Menschen. Das Abbild zeigt, definiert und schließt aus. Die Körper dieser heiligen Figuren sind in faltenreichen Stoff gehüllt.
Mit einem Foto von einem bearbeiteten Stoff – Faltenwurf – verhänge ich in meinem Werk „Katenoide“ das Altarbild während der Fastenzeit vollständig.

 

Folgende zwei Aspekte sind für mich wesentlich:

Anwesenheit/Abwesenheit; Du sollst dir kein Bild machen. Das Bilderverbot im frühen Christentum bedeutet im speziellen auch ein Verbot des Abbild Gottes. 
Diese Abstraktion des namenlosen Gottes, der nicht durch Bild oder Figur definiert wird, interessiert mich. Diese Nicht-Gestalt und Namenlosigkeit, diese Reduktion von Form und Definition schafft eine Offenheit für eine große Vielfalt.
 Ich verhänge das barocke Altarbild mit einer Fotografie, die einen durch Faltenwurf und gezogene, abwesende Fäden von mir de-/konstruierten und gestalteten Stoff, zeigt. 
Die Spannung des Faltenwurfs verändert sich durch die Leerstellen der gezogenen Fäden. Die originale Abbildung/Fotografie habe ich um 180 Grad gedreht und zwischen Hoch- und Volksaltar über die gesamte Höhe des Kirchenraums in Form eines großen, hängenden Bildes positioniert. So erlaubt das Bild der Schwerkraft zu entkommen. Es lässt die Faltung schweben und verwandelt das Hängen in eine statische Kraft nach oben. Das hängende Bild verbirgt trotz der durchscheinenden Lücke des Stoffes das Dahinterliegende im Altarraum gänzlich.

Das führt mich zum zweiten Aspekt meiner Arbeit:

Die dialogische Verbindung des Bildes mit der Kirchenarchitektur.

 Katenoide bezeichnet eine in der Gotik angewandte Konstruktionsmethode: Mittels Schnurmodellen wurde die Stabilität der Bögen im Kirchenbau erforscht. Man fertigte und prüfte das Tragwerk des Gebäudes mit Schnüren im sozusagen Kopfüber hängenden Modell des Bauwerks. Eine sehr effektive und praktische Methode um ein ausgewogenes stabiles Bauwerk zu entwickeln. 
Der Stoff, der auf meinem Bild zu sehen ist, besteht zu einem großen Teil aus durchhängenden Fäden. Durch die stark von der Schwerkraft geprägten Form und die kopfüber Hängung des Bildes entsteht eine besondere visuelle Verbindung zwischen Kirchenarchitektur und Bild. 
Für meine künstlerische Gestaltung nütze ich Lücke und Schwerkraft. Der so geformte Faltenwurf wird mittels der Fotografie von der materiellen Logik befreit und schwebt unter den Bögen der gotischen Architektur himmelwärts. 
So schaffte ich mit Katenoide eine dialogische Verbindung zwischen der gotischen Kirchenarchitektur, gegenwärtigen Abbildungsformen und der Gegenwartskunst. 
Das Bild wird in der Tradition des Fastentuchs jährlich zur Fastenzeit gezeigt.

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Katenoide
Abbild von Changeant Stoff, Fäden gezogen, 335 x 600cm, Foto Norbert Artner Künstlerische Installation in der Kirsche St. Magdalena, Foto in der Kirche: Claus Kusmitsch, 2016

Katenoide
Abbild von Changeant Stoff, Fäden gezogen, 180 x 180cm Foto: Norbert Artner, 2016

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